Tier-Heim

Katzen: Da entschließt man sich aus einer total vernachlässigten Laune heraus, so einen Schotterscheißer aus dem Tierheim zu holen, aber: wie entsorgt man so ein Findelkind mit einer Platine im Nacken wieder?

„Ja, die ist ja süß! Was können Sie mir denn zu der Katze erzählen?“
„Och, die ist seit 3 Monaten hier, angeblich im Garten gefunden worden, aber genau weiss das keiner, man steckt nicht drin.“
„Hm. Eher so ein Problemfall?“ „Nein, überhaupt nicht. Sie ist jetzt so ruhig, weil der andere Kater da unten sie immer verkloppt. Der verkloppt eigentlich alle Katzen hier. Darum liegt die andere auch immer da oben, immer nur schlafend, verstehnse?!“
Die Frage nach Einzelhaft klebt motivationslos in meinem Mund, aber ich schlucke sie nach fünf vorangegangenen Tierheimbesuchen einfach runter.

Die Worte des Katzenwärters werden durch ein kurzes Fauchen beim Bücken nach der Kratzbaumhöhle des Klopperkaters unterstrichen. Dieser Kater kann nur Ali heißen, soviel ist klar. Ali angelt kurz, aber ausgesprochen wild und prägnant mit seiner recht beeindruckenden Katzentatze nach der nächsten verfügbaren menschlichen Wade.

„Ja. Hm. Süß sieht sie ja aus. Also nicht der Haudegen da unten.“ Allgemeines fadenscheiniges Gelächter.
„Jaha, wissense, wenn die Pussy erst mal in ein schönes zu Hause kommt, dann wird die auch zutraulicher, guckense mal!“
Der Wärter in viel zu kurzen Hosen samt Sandalenequipmemt streichelt die vermeintlich schlafende Katze, die es, den intensiven Blicken meiner Freundin nach zu urteilen, wohl werden wird. Die Berührung der total zerfetzten Hand („Ich bin ein totaler Katzenfreak!“) lässt den Schlafwollball nervös zusammenzucken, aber sie läßt ihn gewähren und schnurrt verhalten. Ich weiß, ich habe es mal gelesen: Katzen tun das auch in höchster Not, um ihren Gegner zu beruhigen.

„Sehnse? Die beißt und kratzt nicht, die ist voll lieb, ich sags Ihnen! Das wird schon, glaubense mir mal!“

Kurzes Beratungsgespräch, abwägen der Fürs und Wieders. Reine Formsache, denn der feurige Blick meiner Freundin im Verlaufe des Gespräches ( das ich dankenswerterweise alleine bestreiten durfte) spricht eine eindeutige Sprache.

„Hat sie einen Namen?“

Natürlich hat diese Katze keinen Namen.

Die Schlacht ist geschlagen, die Katze ohne Name soll es sein. Im nach Hundepisse stinkenden Holzhaus dann die Formalitäten. 110 €. Alles wird teurer, auch hier. Muß am Euro liegen.

Kurzes sehnsuchtsvolles Sinnieren über die Siamkatze, die man eigentlich immer schon haben wollte. Oder eine Kartäuserkatze. Aber bitte, bitte jung und unverdorben, ohne schlechte Ü-Ei-Vita. Stattdessen beugt man sich feurigen Blicken; sie ist offensichtlich bereit, es ohne weiteres mit unzähligen weiteren Tierheimen aufzunehmen. Was erwarte ich auch von einem Menschen, der den frechsten und schnuckeligsten Hund der gesamten iberischen Halbinsel kurzerhand adoptierte, importierte und zum beliebtesten Haustier von NRW machte?

Man hätte ja auch mal im Nachbarort schauen können. So rein theoretisch. Aber ich weiss doch, wie es ausgehen wird. Sechs weitere Tierheime und 200 Katzen später wird es immer noch KoN sein, die Katze ohne Name. Das einzige Wesen auf dem Planeten, dem es offensichtlich gelingt, sich schlafend in die Herzen gewisser Menschen zu schnurren..

10 Monate später liegt das verfickte Vieh immer noch nur rum und pennt, pennt, pennt mit kurzen Unterbrechungen, die einzig und allein der Nahrungsaufnahme und einem gelegentlichem Besuch der Schotterpiste dienen. Man will ja schon etwas Respekt und ein klitzekleines Gefühl gespielter Achtung vor der Hand, die füttert, ein kleines „Ich hab‘ Dich lieb“ Maunzen, etwas Anhänglichkeit, die ich, je nach Tagesform, erwidern kann, oder einfach nicht beachte, je nach dem, wie der Tag so gelaufen ist.

Eine Entsorgung durch versehentliches Öffnen im richtigen falschen Augenblick der Terassentür scheidet natürlich aus: da ist ja dieser Chip in der Katze, die fährt man dann, je nach Fundort, sogar bis zur Haustüre.

Kreuzverhöre schleichen sich in mein Unterbewußtsein „Das ist ja Ihre Katze, die ist Ihnen weggelaufen, soso … sagen Sie jedenfalls. Vor 2 Monaten, hm. Was haben Sie denn unternommen, um sie wiederzufinden?“

„Gar nichts, da ist doch dieser Chip in dem Vieh!“ kann ich nicht sagen, das würde sich bestimmt nicht gut machen.

„Wo waren Sie gestern Abend zwischen 18 und 21 Uhr? Was ist das für eine Beule an Ihrem Wagen dort draußen? Das ist doch Ihr Auto, oder?“

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